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Wilhelm-von-Oranien-Schule Dillenburg

Lernen in Vielfalt -
Leben in Verantwortung

Gerichtssaal trifft Schule

Richter Robert Metz diskutiert mit WvO-Oberstufenschülern

 Sorgt Recht automatisch für Gerechtigkeit? Wie ist es um unser politisch-rechtliches System bestellt? Geht Gnade vor Recht? Was macht man, wenn Zeugen lügen? Kann man die Frauen-Prostitution als „freie Wahl“ bezeichnen? Was sind die größten Herausforderungen eines Richters? Diese und noch viele weitere Fragen wurden Robert Metz, Richter am Landgericht Gießen und WvO-Alumnus, im Rahmen eines Projektes des Faches Ethik Anfang Dezember gestellt.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Ethiklehrer Michael Kämpfer stellte Richter Metz den Ethik-Schülern des aktuellen Abiturjahrgangs seinen Werdegang, das deutsche Justizwesen und seine Wirkungsstätte in einer Vortragspräsentation vor.

Im ersten Teil des Treffens schlüpften die Schüler selbst in die Richterrolle. Sie bekamen einen real vorgekommenen Fall vorgestellt und sollten diesen juristisch bewerten. Darin ging es um ein kompliziertes Beziehungsdreieck, in dem alte Bekanntschaft, „Liebe“, Sex und Alkohol, Erinnerungslücken sowie eine gehörige Portion jugendlicher Unreife und Freizügigkeit hineinspielten. Gar keine leichte Aufgabe, hier eine Entscheidung zu finden: Hat der Beschuldigte gegen den Willen des Klägers gehandelt, oder geschah alles mit Einwilligung? Wer sagt die Wahrheit und wo gibt es Zweifel? Das „Urteil“ des Publikums war geteilt...

Im zweiten Teil des Treffens stellten die Schüler aller drei Ethik-Kurse der Lehrer Michael Kämpfer, Paul Sajon und Christian Weitz über 30 Fragen an Richter Metz.

Dazu gehörten ganz aktuelle Fragen, zum Beispiel bezüglich der Rechtmäßigkeit der Demonstrationen gegen die Gründung der AfD-Jugendorganisation („Generation Deutschland“) am 29.11.2025 in Gießen. Richter Metz kommentierte:

„Jeder kann in Deutschland einen Verein gründen und jeder dagegen friedlich demonstrieren. Bei Körperverletzung, Sachbeschädigung, Nötigung und Beleidigung ist der Staat jedoch gefordert. Entsprechende Verfahren laufen.“

Bei den juristischen Fragen der Schüler haben die Begriffe Gerechtigkeit, Gleichheit, Freiheit/freier Wille, Lüge, Wahrheit und die Reform des Systems eine wichtige Rolle gespielt. Eine der prägnantesten Antworten des Richters Metz lautete:

„Im Jura-Studium lernt man nicht, wer lügt. Auch keine Psychologie. Die Berufserfahrung kommt mit der Zeit. Auch wenn ein Richter eine Machtfülle hat, darf er sich nicht zum »König« erheben. In Deutschland haben wir insgesamt ein sehr gutes Gesetzeswerk - anwendbar auf fast alle Fälle. Ich muss mich dem Gesetz beugen und im schönsten Fall stimmt das Recht mit der Moral überein.“

Zur Reform des Rechtssystems sagte er:

„In den letzten Monaten haben wir gesehen, dass bei der Ernennung der Bundesverfassungs-Richter die CDU, die SPD und die Grünen Richter einer bestimmten Anschauung, bzw. Couleur vorschlugen. Es ist ein Problem und die Gefahr der Schädigung des ganzen Systems an sich.“

Das Publikum wollte natürlich auch den Menschen Robert Metz näher kennenlernen. Hier eine markante Antwort des Richters auf eine persönliche Frage:

„Ich liebe meinen Beruf. Es gibt keine bessere Arbeit, als unserem Land und Volk zu dienen. Müsste ich noch einmal entscheiden, würde ich sofort wieder das Jura-Studium und den Richter-Beruf wählen. Meine Arbeit ist vielfältig, interessant aber auch herausfordernd. Ein guter moralischer Kompass hilft mir, richtige Entscheidung zu treffen.“

Zum Schluss fragte Michael Kämpfer, ob die Schule geholfen habe, einen Wertekanon zu entwickeln und einen „Schubser“ in Richtung Jura gegeben hätte.

„Das Dillenburger Gymnasium war für mich mit eines der prägendsten Elemente meines Lebens. Hier habe ich mein Abitur gemacht. Insbesondere der Ethikunterricht und die Philosophie-AG waren gewinnbringende Mittel, um einen moralischen Kompass, das Denken und das Argumentieren sowie die Rhetorik zu entwickeln. Wobei ich an dem Rhetorischen noch etwas basteln könnte.“ – so Richter Metz schmunzelnd.

In seinem Schlusswort ermutigte der Gast die Schüler zur Offenheit:

„Sucht Anregungen und Gesprächspartner nicht nur unter Gleichdenkenden. Seid mutig und offen für Neues, Fremdes – ja etwas Gegensätzliches zu euch. Nur ein solcher Austausch ist fruchtbar und nur so kommt ihr auf neue Ideen und tut der Gesellschaft etwas Gutes.“

Der Besuch des Richters war eine besondere Veranstaltung, weil es Robert Metz durch seine sehr offene Art und klare Sprache geschafft hat, die Schüler mitzunehmen. Dazu einige Schülerstimmen, die genau das widerspiegeln:

„Der Treff mit dem Richter Metz hinterließ bei mir einen bleibenden Eindruck. Der theoretische Unterrichtsstoff wurde mit der Gerichtspraxis super verknüpft.“

„Es hat mir gefallen, dass der Richter ehrlich war. Er zeigte somit, dass Richter trotzdem Menschen sind mit eigenen Meinungen und Haltungen.“

„Ich habe nicht erwartet, dass er so ein heftiges Fallbeispiel mit uns durchgeht.“



  • 2025
  • copyright Text: Paul Sajon, WvO
  • copyright Foto: Paul Sajon, Kerstin Renkhoff, Berend Warfsmann